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Uniklinik Düsseldorf

„Zeit ist Hirn“: 5G beschleunigt die Rettung beim Schlaganfall

06.12.2022
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Nach einem Schlaganfall muss alles schnell gehen. Jede gesparte Minute bis zur Therapie rettet Hirnfunktionen. In Düsseldorf sollen sich deshalb künftig Rettungswagen und Uniklinik über 5G-Mobilfunk verbinden.

Wenn das Telefon von Dr. Michael Gliem klingelt, kämpft ein Mensch um sein Leben. Gliem ist Schlaganfall-Experte im Universitätsklinikum Düsseldorf. Der ständige Kampf gegen die Uhr gehört zu seinem Berufsalltag. Bei einem Schlaganfall bleibt den Betroffenen etwa eine Stunde vom Beginn der Symptome bis zum Beginn der Therapie – dann sind die Chancen hoch, ohne bleibende Schäden weiterleben zu können. Neurologen wie Dr. Gliem sprechen deshalb von der „Golden Hour“, der goldenen Stunde. In Zukunft soll 5G-Mobilfunk die Rettungskette so verkürzen, dass mehr Therapien noch in diesem Zeitraum beginnen.

Handynutzung ist in diesem Fall ausdrücklich erlaubt: Dr. Michael Gliem in einem Schockraum der Uniklinik.

„Ein Schlaganfall ist ein Gefäßverschluss im Gehirn. Die Blockade verhindert, dass das Gehirn ausreichend Sauerstoff bekommt“, erläutert Gliem. „Je schneller wir dieses Problem gelöst kriegen, desto geringer ist der Schaden.“ Fachleute wie Gliem haben dafür eine einfache Beschreibung: „Time is Brain“, also „Zeit ist Gehirn.“ Je mehr Zeit vergeht, desto mehr Fähigkeiten verlieren die Betroffenen. Pro Jahr erleiden etwa 270.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall.

Schlaganfall: Das passiert nach dem Anruf der 112

Die herkömmliche Rettungskette bei Schlaganfällen sieht so aus:

  • Ein Rettungswagen fährt zum Patienten oder zur Patientin, die Sanitäterinnen und Sanitäter führen erste Untersuchungen durch.
  • Erhärtet sich der Verdacht auf einen Schlaganfall, geht es mit Blaulicht in die nächstgelegene Klinik mit einer Schlaganfallstation.
  • Der oder die Betroffene ist für die dortige Notaufnahme komplett unbekannt, obwohl die Person schon seit einiger Zeit versorgt wird. Eine Übergabe findet statt: „Was ist passiert?“ und „Welche Medikamente nehmen Sie?“ Dadurch vergeht weitere wertvolle Zeit.
  • Danach wird der oder die Betroffene neurologisch untersucht.
  • Anschließend verordnet ein Arzt oder eine Ärztin eine Computertomografie (CT).
Dr. Michael Gliem in seinem Büro: Je schneller er Schlaganfall-Betroffenen helfen kann, desto größer die Chance auf Genesung.
  • Bestätigt sich der Verdacht auf einen Schlaganfall, erfolgt die weitere Behandlung auf der Schlaganfallstation. Bei einem großen Gefäßverschluss wird der oder die Betroffene in eine Spezialklinik weitertransportiert. Hierfür muss häufig ein neuer Rettungswagen kommen, weil der vorige schon wieder unterwegs ist.
  • Ziel des zweiten Transports ist eine Stroke-Unit, eine Schlaganfall-Spezialstation, mit Möglichkeit zur Gefäßeröffnung mit einem Katheter, wie etwa in der Uniklinik Düsseldorf.

Rettungswagen und Uniklinik verbinden sich über 5G-Netze

Künftig sollen die Düsseldorfer Schlaganfall-Spezialistinnen und -Spezialisten im Uniklinikum sowie in den zwei weiteren Stroke-Units im Marien Hospital und LVR-Klinikum die Betroffenen bereits ganz zu Beginn der Rettungskette kennenlernen, dadurch die Diagnose beschleunigen und die Übergabe bereits bei der Anfahrt erledigen. Aufgrund der beschleunigten Prozesse kann im Falle einer notwendigen Katheteruntersuchung der Weitertransport mit dem wartenden Rettungswagen erfolgen. Möglich soll dies ein Schlaganfall-Netzwerk über 5G machen. Wie funktioniert das?

Über das Smartphone bekommen die Medizinerinnen und Mediziner in der Uniklinik ein Livebild und Vitaldaten aus dem fahrenden Rettungswagen.

30 Rettungswagen der Feuerwehr Düsseldorf erhalten Kameras und eine Verbindung zum 5G-Mobilfunknetz. Ist die zu behandelnde Person im Rettungswagen, stellt die Leitstelle der Feuerwehr per Knopfdruck den Kontakt her: Bei Michael Gliem oder anderen diensthabenden Ärztinnen und Ärzten klingelt das Handy. Über eine eigens programmierte App baut sich ein Videogespräch auf.

Die Medizinerinnen und Mediziner in der Uniklinik schauen nun live in den Rettungswagen, sehen Vitaldaten der betroffenen Person und können direkt mit den Anwesenden im Rettungswagen sprechen. Auch die aktuellen CT-Bilder sollen, noch während der Rettungswagen unterwegs ist, über das 5G-Netz in die Uniklinik geschickt werden. Aufgrund der großen Datenmengen braucht es hier ein leistungsfähiges 5G-Netz. Der moderne Mobilfunkstandard sorgt außerdem dafür, dass es weniger Verzögerung (Latenz) bei der Videoverbindung und beim Übertragen der Vitaldaten gibt.

Per Telemedizin soll die Rettung reibungsloser verlaufen

Der Wagen ist mit dem öffentlichen 5G-Netz verbunden oder mit der älteren Mobilfunkgeneration 4G, falls 5G nicht verfügbar sein sollte. In der Klinik funkt ein eigenes 5G-Netz – ein Campusnetz ausschließlich für die Mitarbeitenden und die Geräte in der Klinik. Das ist wichtig, denn so können sich Ärztinnen und Ärzte innerhalb von Sekunden mit dem Rettungswagen verbinden. „Wir sitzen ja nicht den ganzen Tag hier und warten auf den Notfall“, sagt Oberarzt Michael Gliem. Er ist ständig im Haus unterwegs – dank dem 5G-Handy in der Tasche aber stets erreichbar. Gliem kann sich live in den Rettungswagen schalten, egal ob er gerade im Büro sitzt, zur Visite auf einer Station unterwegs oder in der Notaufnahme ist.

Die Notaufnahme des UKD: Künftig startet die Behandlung schon vor der Tür – virtuell per Teleconsulting.

In der Klinik könne 5G die Prozesse künftig „dramatisch verkürzen“, sagt Gliem. Auch dafür haben Fachleute wie er einen prägnanten Begriff: die „Door-to-Needle-Time“, also die Zeit, die es von der Eingangstür braucht, bis die Nadel der Lyse-Therapie im Arm steckt. Bei der Thrombolyse wird versucht, den Gefäßverschluss im Gehirn durch eine Infusion aufzulösen. „Eine Viertelstunde Zeitersparnis führt zu 2,5 Prozent mehr Patienten, die nach dem Schlaganfall ein Leben wie vorher weiterführen können“, sagt Gliem. „Bei der Häufigkeit von Schlaganfällen sprechen wir über sehr viele Menschen.“ In Düsseldorf gibt es rund 2.000 Schlaganfälle pro Jahr. Die gesparte Viertelstunde würde also allein dort 50 Menschen vor Folgeschäden bewahren.

5G-Medizincampus in Düsseldorf

Das Universitätsklinikum Düsseldorf wird im Projekt „Giga for Health“ zum 5G-Medizincampus. Die Landesregierung fördert dies im Rahmen des Innovationswettbewerbs 5G.NRW.

Das rund 400.000 Quadratmeter große Gelände erhält ein privates 5G-Netz (Campusnetz). Auf einem Gebäude wurde ein schon bestehender Funkmast vom Netzbetreiber Vodafone (Konsortialpartner des Förderprojekts) aufgerüstet. Innerhalb der Gebäude sind an 250 Positionen kleine Antennen installiert worden, die 4G und 5G senden. Patientinnen und Patienten, Besuchende und Beschäftigte profitieren zusätzlich, weil der Netzbetreiber mithilfe dieser Antennen auch das öffentliche Netz in den Gebäuden verstärkt.

Lesen Sie hierzu auch unseren Artikel zu:

■ der 5G-Vernetzung bei Organtransplantationen.

■ den Vitaldaten-Pflastern in der Herzmedizin.

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