5G und Mobilität – das ist mehr als nur autonomes Fahren. Mobilfunk wird den Personen- und Güterverkehr auf vielfältige Weise voranbringen. Erfolgreiche Pilotprojekte ermöglichen schon heute einen Ausblick: Was verändert sich auf der Schiene, der Straße und auf dem Wasser?
Im Jahr 2019 fuhr das erste Mal in Deutschland ein via 5G ferngesteuerter Zug. Der Lokführer arbeitete nicht im Führerstand, sondern abseits des Zuges an einem Steuerpult. Im Führerstand filmten Kameras live und in hoher Qualität die Sicht auf die Teststrecke durch das Erzgebirge. Dank 5G kamen die Bilder in Echtzeit an – und ebenso die Steuerbefehle des „Homeoffice-Lokführers“. In späteren Testläufen saß der Lokführer hunderte Kilometer entfernt. Einen solchen Test zeigt auch dieses Video:
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Das Projekt wurde auf dem „Smart Rail Connectivity Campus“ umgesetzt. Die TU Chemnitz arbeitet hier zusammen mit mehr als 100 Partnern an Ideen für die Mobilität der Zukunft, finanziert unter anderem vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).
Entlang der Teststrecke im Erzgebirge sind eigens 5G-Mobilfunkmasten entstanden. Sie bringen die Technologie ans Gleis, die die Bilder der Kamera mit weniger als zehn Millisekunden Verzögerung überträgt, also schneller als das menschliche Auge Bewegungen erfassen kann. Eine Kombination mehrerer Technologien ermöglicht solche Echtzeit-Anwendungen:
Network Slicing: Diese Technologie teilt parallel laufenden Anwendungen unterschiedliche „Scheiben“ des Netzes („Network Slices“) zu. Innerhalb eines 5G-Netzes werden mehrere virtuelle Netzwerke gebildet. So können unterschiedliche Anforderungen gleichzeitig erfüllt werden. Eine Anwendung benötigt zum Beispiel eine besonders leistungsfähige Datenübertragung, eine andere besonders geringe Verzögerung.
Mobile Edge Cloud: Statt Daten an ein weit entferntes Rechenzentrum zu schicken, werden sie ganz in der Nähe verarbeitet, sozusagen direkt am Rand (englisch: edge) des Mobilfunknetzes. Die Daten müssen also nicht erst über das Netz des Mobilfunkbetreibers zu einer zentralen Stelle hin und wieder zurück transportiert werden.
Wie wahrscheinlich ist es, dass bald die ersten Zugreisenden auf diese Art durch Deutschland fahren? Bis dahin wird es noch dauern. Die Projektverantwortlichen rechnen damit, dass diese Technik zunächst im Güterverkehr Einzug hält. Auch im Personenverkehr gibt es viele Szenarien, bei denen Fernsteuerung das knappe Bahnpersonal entlasten könnte: Rangierfahrten oder kurze Strecken in die Waschanlage könnten zuerst ferngesteuert werden.
Internet im Zug ist für die meisten Fahrgäste ein Muss. Für viele ist es sogar Voraussetzung, die Bahn zu wählen – denn sie wollen die Reisezeit nutzen, um zu arbeiten oder privat eine TV-Serie zu schauen. Bahn, Bund und die Mobilfunknetzbetreiber haben in den vergangenen Jahren einiges getan, damit der Handyempfang lückenlos und das WLAN im Zug ohne Aussetzer funktioniert:
Immer mehr Züge der Deutschen Bahn sind mit Fensterscheiben unterwegs, die die Mobilfunkwellen besser durchlassen. Züge sind nämlich häufig mit metallbedampften Scheiben unterwegs, damit sich der Waggon durch Sonnenstrahlen nicht aufheizt. Diese Scheiben wirken jedoch auch gegen Funkstrahlen – neuere Modelle aber sind durchlässiger.
Im Zuge des 5G-Ausbaus hat die Bundesnetzagentur (BNetzA) Versorgungsauflagen definiert. Sie legten unter anderem fest, dass alle wichtigen Schienenwege mit mobilem Internet versorgt werden müssen.
Die Mobilfunknetzbetreiber haben bereits viele neue Mobilfunkmasten entlang von Schienenwegen gebaut. Und der Ausbau geht weiter: In Mecklenburg-Vorpommern testete die Bahn mit Partnern aus der Mobilfunkbranche eine neuartige 5G-Versorgung mit Masten unmittelbar an der Strecke.
Lenken und Verkehrszeichen beachten: Autos können immer mehr Aufgaben selbst übernehmen. Immer mehr Fahrzeuge können auch schon zusätzlich miteinander kommunizieren. Diese Kommunikation erfolgt durch Sensoren oder Kameras: Sie messen permanent Geschwindigkeit und Distanz zu anderen Objekten. Der Einsatz dieser Technik kann die Verkehrssicherheit enorm steigern, da mehr als 90 Prozent aller Unfälle in Deutschland auf menschliche Fehler zurückzuführen sind.
Wie kommt hier Mobilfunk ins Spiel? Unter anderem als Ermöglicher des autonomen Fahrens. Denn auch Autos ohne Fahrerin oder Fahrer werden hin und wieder menschliche Hilfe benötigen. Sie könnte von einem Leitstand kommen, in dem jemand die Fernsteuerung übernimmt. Doch das braucht eine schnelle Datenübertragung ohne Verzögerung – etwa über ein 5G-Netz. Im oberfränkischen Kronach fahren so bereits Testautos ferngesteuert umher:
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Ein Navi kennt künftig nicht nur Straßenplan, Staus und die beste Ausweichroute. Auch Infos zu Nässe und Eis fließen zunehmend mit in die Systeme ein. Immer mehr Fahrzeuge sammeln zusätzlich Informationen über freie Parkplätze und Hindernisse. Schon heute sammelt die Software eines Fahrzeugs Daten über den Zustand des Autos und benachrichtigt, wenn nötig, die Fahrerin oder den Fahrer. Mobilfunk ermöglicht den reibungslosen Liveaustausch dieser Informationen.
Damit sich Fahrzeuge untereinander koordinieren können, ist eine Internetverbindung in Echtzeit notwendig. So können sie Informationen zu Beschleunigungs-, Lenk- und Bremsmanövern austauschen. Bei der Notbremsung eines Lkw werden so die Fahrzeuge in der näheren Umgebung informiert, die Bordcomputer können reagieren und einen Unfall verhindern.
Im vernetzten Verkehr ermöglicht die kontinuierliche Kommunikation einen besseren Verkehrsfluss, es gibt weniger Staus und Straßen werden besser genutzt – und die Sicherheit steigt. Das kann auch Radfahrenden helfen, gefährliche Zusammenstöße mit Autotüren zu verhindern, sogenannte Dooring-Unfälle. Ein Team der Hochschule Niederrhein erprobte genau das. Der Ansatz: Radfahrende werden über eine Handy-App gewarnt, wenn auf ihrem Weg gerade ein Auto eingeparkt hat und sich eine Tür gefährlich öffnen könnte. Die Echtzeit-Datenübertragung läuft über 5G-Mobilfunk.
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Gerade an den großen Umschlagplätzen der Seefahrt spielt 5G eine wichtige Rolle. Ein erster Test im Hamburger Hafen fand zwischen Januar 2018 und Juni 2019 statt. Dabei wurde eine 8.000 Hektar großes Areal mit der modernen Technik vernetzt. Im Hafen wurden dann unter anderem Schiffe mit Sensoren ausgestattet, um Bewegungs- und Umweltdaten zu sammeln. Die Schiffe versendeten diese Daten über 5G. Sie konnten so in Echtzeit angeschaut und analysiert werden.
Zudem hielt die erweiterte Realität, Augmented Reality, Einzug in die Arbeit im Hafen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekamen AR-Brillen, über die sie Informationen über Projekte und Gebäude abrufen oder Fachleute per Videoanruf kontaktieren konnten. So wurden reale Objekte und digitale Darstellung miteinander verschmolzen. An Land wurden Ampeln durch intelligente Schaltungen miteinander vernetzt. Lkw konnten dadurch sicher und schneller durch die Anlage fahren, was zu optimaleren Lieferzeiten führte.
Auch auf See ist 5G im Einsatz. In der Kieler Förde sollen Fähren bald autonom fahren. Doch zur Sicherheit bleiben sie mit einem Kapitän an Land verbunden, der das Ruder verschiedener Schiffe jederzeit übernehmen kann. Eine kleine Rundfahrt mit der MS WaveLab zeigt dieses Video:
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